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Alt 21.04.2002, 23:18   #1
pit1962
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Bundeswehr

Hier möchte ich mal Erfahrungen mit Leuten austauschen, die in der Bundeswehr die besch.....ste Zeit ihres Lebens verbracht haben. Solche Erlebnisse müssen doch mal unter die Leute gebracht werden. Ich versprech' Euch auch, ich werde über diese Armee kein gutes Wort verlieren.
Meine BW-Zeit ereignete sich vom 05.01.81-22.12.82 (in Schwanewede/Niedersachsen), deshalb gehört das in dieses Forum.
Besonders in meiner Anfangszeit bei der BW war ich dort von vermutlich psychisch schwer angeschlagenen Menschen umgeben. Einige der Unteroffiziere und Feldwebel warteten wohl förmlich darauf, dass es eines Tages mal knallen würde. Ein Feindbild gab es natürlich nicht, deshalb waren bei taktischen Spielchen am Sandkasten die Fahrzeuge des Gegners auch immer rot. Ein Unterricht des Kompaniechefs geriet zur antikommunistischen Gruselstunde. Im sogenannten Verteidigungsfall (so nennen die Jungs einen Krieg, eine "Vorneverteidigung " ist ein Angriff) wären wir in den Raum um Braunschweig verlegt worden. Die NATO-Strategen haben zu jener Zeit die ersten Angriffe der Roten Armee und ihrer Verbündeten in diesem Gebiet erwartet.
Was ging und geht in solchen Köpfen vor?
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Geändert von pit1962 (22.04.2002 um 15:44 Uhr)
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Alt 23.04.2002, 19:39   #2
Spleen
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Spleen ist zur Zeit noch ein unbeschriebenes Blatt
Was erwartest du von Leuten, die erwarten, dass man JEDEN Tag den Gang putzt?
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Alt 23.04.2002, 21:01   #3
Zazie
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Wie war das mit Mobbing und derben Scherzen unter den Kameraden? Gab es sie? Haben die Älteren die Jüngeren (was die Armeezugehörigkeit angeht meine ich, nicht das Alter) drangsaliert? Raconte-nous tout.
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Alt 23.04.2002, 22:18   #4
pit1962
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Je vous raconte demain.
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Alt 23.04.2002, 22:55   #5
Elwood
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Zu meiner BW-Zeit (ich bin einer der letzten Nur-Wessi-Soldaten - Einzug 1.7.90) fiel im Zuge der Vereinigung gerade alles auseinander, nicht nur bei der NVA, auch in der alten West-Bundeswehr wurde heftig umgebaut.
Bei den Zeitsoldaten gab es erschreckend viele Idioten, die zum Bund gegangen sind, weil sie woanders nichts geworden wären und/oder weil sie für relativ (zu Berufsanfängern) gutes Gehalt ein warmes und trockenes Plätzchen suchten. Es gab auch einzelne Spinner, die einen Militär- und Kampfschweintick hatten, bei uns zum Glück aber weniger.
Kurz nach der Vereinigung wurden auch im Westen viele Standorte geschlossen, meine Kaserne am hannoverschen Flughafen gehörte zu den ersten. Sie war zu klein und die Flughafengesellschaft war scharf auf das Gelände.
Ich war weg, bevor der Laden aufgelöst wurde, aber ich kann mich entsinnen, daß einige der Hardcore-Militaristen ("Heißbrenner" im BW-Jargon) unter den "Zettis"(Zeitsoldaten) und speziell den Berufssoldaten von einem Tag auf den anderen psychisch zusammenklappten (Depressionen, etc.), als verkündet wurde, daß unsere Kaserne dichtgemacht wurde. Bei denen brach echt was zusammen, als ihr mit Tapferkeit und Kampfesmut verteidigtes Stück Deutschland (die besagte Mini-Kaserne) als Asylantenheim und Not-Knast umfunktioniert wurde, bzw.die entsprechende Ankündigung kam.
Jetzt kam der unangenehme Teil der Vaterlandsverpflichtung: die Versetzerei. Die Reste meiner Truppe traf es besonders hart. Sie waren mit die ersten West-Einheiten, die in die Ostzone umquartiert wurden, in ein winziges Kaff in Vorpommern, kurz vor der polnischen Grenze. Die alten NVA-Kasernen waren so verkommen und verdreckt, daß die Jungs bis zur Totalsanierung des Areals in Zelten kampierten.

Für einige dieser Spinner empfand ich echte Hämegefühle. Interessanterweise scheinen die rudimentären Reste meiner Einheit heute im Kosovo aktiv zu sein. Im Fernsehen und in Zeitungsinterviews erkannte ich Versprengte von damals.

Aber alles in allem hatte ich keine harte Zeit. Wir krochen kaum im Dreck rum, hatten lockere Chefs und wenig mit den besagten Kampfschweinen zu tun. Abgesehen davon waren auch die meisten Kameraden okay. Das lag wohl auch daran, daß zum 1.7. immer viele Abiturienten eingezogen waren und so der Proll-Faktor recht niedrig war. Klingt arrogant, stimmt aber wirklich.

Ich ärgere mich aber trotzdem, nicht Zivi gewesen zu sein. Da gibts mehr Geld und man tut fast immer Sinnvolleres. Eigentlich hoffte ich auf den LKW-Führerschein, flog in der Fahrschule aber wegen meiner Kurzsichtigkeit raus. VW Bulli dufte ich fahren, aber mit schwerem Gerät würde ich eine zu große Gefahr für die Umwelt darstellen, hieß es.

@Zazie, zu Deiner Frage: diese Mobberei war bei uns nicht bekannt. Natürlich gab es überall einzelne Idioten, die sich auch mal einen auf die Ohren eingefangen haben, aber das war nicht anders als in der Schule oder woanders auch.

Zur guten Nacht einzelne Anekdoten, die woanders wohl nicht so passiert sind:

- ein Kamerad will sich in der neuen Einheit die (sehr guten)Goretex-Regenklamotten beim Materialwart holen, die er vorher abgeben mußte: "Ham wa nicht" - "Ja, und was ist wenn es regnet?" - "Dann gehen wir nicht raus".

- vor einem großen Manöver (einem der letzten großen) hieß es in der vorherigen Ansprache des Kommandeurs: "Also Leute, dies ist eine große Sache mit vielen anderen Einheiten, auch Amerikanern. Es laufen auch Generäle herum. (lauter): WIR SIND NICHT AUF EINEM CAMPINGAUSFLUG. LAUFT ALSO NICHT WIE BEIM LETZTEN MAL IN UNTERWÄSCHE HERUM". Sein Pech, unser VW Bulli war schon mit Kühltasche, Liegestühlen, Bierkasten, Radio, Batteriefernseher, etc. ausgestattet.
Wir hatten es bei diesem Manöver nicht schwer. Wir konnten auf einem Bauernhof nächtigen, oben im Heu. Jeder baute sich ein eigenes Schlafhäuschen und verratzte einen großen Teil der Veranstaltung. Ich hatte zeitweise Telefondienst (Kurbelapparat mit Stöpseln, Standard von 1910). Diesen Dienst leistete ich in einem Ohrensessel vor einem knisternden Kaminfeuer ab. Der einzige Anruf kam am Morgen, daß wir unser Frühstück holen konnten. Im Laufe des Vormittags weckte uns der Chef und meinte, daß wir keinen speziellen Auftrag hätten, aber wenigstens aus Solidarität mit den draußen im Dreck "kämpfenden" Kameraden, doch nach 10 Stunden Schlaf im Heu aufstehen sollten.

Ein Arbeitskollege, der es beim Bund ähnlich lau hatte, erzählt heute noch gerne ein Erlebnis von so einem Manöver.
Er "bewachte" eine kleine Brücke (hing also nur rum), trug einen frisch gewaschenen und gebügelten Kampfanzug, saß in der Sonne auf einer Parkbank, die Flinte abgelegt, und nahm gerade sein Mittagessen zu sich, einen Riesenberg Gulasch mit Nudeln - sogar auf einem Porzellanteller. In dem Moment kam eine Truppe Fallschirmjäger vorbeimarschiert, völlig fertig und verdreckt, seit Tagen gerödelt, mehrfach abgesprungen, zig Schieß- und Buddelübungen, auf Deutsch: völlig am Ende. Mein Kollege sagt, er wird die Blicke der Jungs nie vergessen. Aus diesen sprach Haß, kalter Haß, gepaart mit Mordlust.
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Alt 24.04.2002, 02:41   #6
Raphael der Himmlische
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Bundeswehr und Zivildienst

Hallo!

Ich bin einer der Zivildienst der Bundeswehr vorgezogen hat ...
Ich bin so etwas am Gruebeln - waere das einen eigenen Strang wert?!
Denn auch da gibt es natuerlich nette Geschichtchen zu erzaehlen.
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"Wir sind keine Engel!"
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Alt 24.04.2002, 09:00   #7
Zazie
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Schreib's doch hier rein Raphael, passt doch.
Ich hab ja hier nix zu suchen, aber Geschichtchen lese ich gerne.
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Alt 24.04.2002, 12:31   #8
pit1962
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Sowohl Raphaels als auch Zazies Beitäge gehören mit hier herein. Eine kurze Vorbemerkung: Jede Armee ist so schnell wie ihr langsamstes Fahrzeug, jede Armee so gut wie ihr dämlichster Armleuchter. Das Militär orientiert sich halt gern nach unten. Wie ich bei der Bundeswehr gelandet bin? Nach meinem endgültigen und unvermeidlichen Abschied von der Schule wusste ich nicht, was ich anfangen sollte. Um noch ein paar Mark mitzunehmen, hab ich mich für zwei Jahre verpflichtet. Alles begann in Schwanewede/Niedersachsen bei den Panzergrenadieren, einer Art motorisierter Infanterie. Man versicherte uns, dass aus Schwanewede immer die besten Heeressoldaten stammten. Die Grundausbildung war eine üble Schinderei, jedoch wurden wir vom I. Zug zu Richtschützen ausgebildet, die Jungs vom III. Zug, die einfachen Grenadiere, waren noch schlimmer dran als wir. Man konnte ihnen ansehen, dass sie uns hassten, weil wir den etwas leichteren Dienst hatten und sie jeden Tag auf den Übungsplatz mussten. Nach der Grundausbildung wurde ich zu einer Fernmeldeeinheit nach Rotenburg/Wümme, ebenfalls in Niedersachsen, versetzt. Man hatte mein Talent für den Umgang mit Morsezeichen entdeckt und ich durfte mich als Tastfunker versuchen und die Sowjetischen Truppen in der DDR abhören. Im November '81 ging's nach einem Versetzungsgesuch nach Dülmen im Münsterland, ganz in unsere Nähe. Ich hatte das Versetzungsgesuch ohne besondere Angabe von Gründen geschrieben und meinem Wunsch wurde entsprochen. In Dülmen, bei einer Raketenartillerieeinheit, durfte ich Munition bewachen. Nicht etwa "normale" Munition, sondern 203mm-Granaten mit Nuklearsprengköpfen! Diese Munition gehörte den Amerikanern, weil die BRD ja keine Atomwaffen besitzen darf (wäre auch noch schöner). Ob sich in den Munitionsbunkern tatsächlich Nuklearmunition befunden hat, weiß ich nicht, vielleicht haben wir ein Scheinlager bewacht. Gegen eine spezielle Einheit, die überfallartige Taktiken sozusagen hauptberuflich trainiert, hätten wir auch mit 80 Mann keine Chance gehabt.
Zazie, die Drangsalierungen untereinander, nach denen Du fragst? Ich habe sie nicht kennengelernt, denn sie waren hauptsächlich Spezialitäten der östlichen Armeen, wo so etwas von oben gedeckt wurde und die Drangsalierer nicht mit Bestrafung rechnen mussten. In Schwanewede musste ich allerdings einmal den halben Übungsplatz vermessen, weil die Übungsmunition alle war und ich so über die Peng-Peng-Rufe meiner Kameraden lachen musste. Das war dann aber eine Strafmaßnahme von einem Unteroffizier.
Eine wirklich ärgerliche Sache war das Entgegen-gebrüllt-bekommen von Tageszahlen. Man zählt die übriggebliebenen Tage der Dienstzeit Richtung Null. Das ist dann der Entlassungstag. Ebenfalls ärgerlich war die Heldenverehrung in den verschiedenen Einheiten, die Vorbilder waren hauptsächlich die Soldaten aus Rommels Afrikakorps und die schneidigen Jungs der Waffen-SS. Viele Unteroffiziere hatten Bücher über die Wehrmacht und die Waffen-SS auf ihren Stuben, Modelle von Tiger- und Panther-Panzern gab es in fast jedem Dienstzimmer eines Hauptfeldwebels oder ähnlichen Dienstgrades.
Die Unteroffiziere, die ich kennengelernt habe, träumten fast alle von einer Verwendung in einer Spezialeinheit, was immer sie sich auch damals darunter vorstellten. Das Kommando Spezialkräfte gab es nämlich seinerzeit noch nicht. So schickte man verschiedene Unteroffiziere dann auf einen Einzelkämpferlehrgang, viele kehrten allerdings ohne das begehrte Abzeichen zurück. Dieses Scheitern war besonders auf mangelnde Form und erhöhten Alkoholgenuss zurückzuführen.
Wo wir schon einmal dabei sind: Ich habe mich bei der BW so unwohl gefühlt, dass ich mir jeden Tagen die Kante hätte geben können.
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Geändert von pit1962 (24.04.2002 um 13:00 Uhr)
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Alt 24.04.2002, 20:41   #9
Spleen
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Anscheinend war die Luftwaffe tatsächlich niveauvoller. Ich bin eher positiv überrascht gewesen: das waren denkende Menschen. Da kam man klar. Die könnten einen sogar brauchen, weil man Abi hatte...
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Alt 24.04.2002, 23:51   #10
pit1962
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pit1962 befindet sich auf einem aufstrebenden Ast
Niveauvoller war's wohl allein schon durch die Verpflegung, Spleen. Bei uns kursierte nämlich der Spruch: "Die Luftwaffe diniert, die Marine speist und das Heer frisst."
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